Tagblatt Online, 13. Dezember 2012 01:35:00

Weinfelder Polterabend mit Alphorn und Schuhplattler-Rap

Gerhard Polt hat mit den Wellbrüdern vom Leder gezogen, der fast ausverkaufte Thurgauerhof war begeistert.

Dieter Langhart

WEINFELDEN. «Wenn man es ertragen will, braucht man Humor», hat Gerhard Polt einmal gesagt. Was ertragen? Die Abgründe des Alltags und den Politfilz, die Doppelmoralisten und die Selbstzufriedenen. Sein Kollege Loriot hat Polt ein «Ereignis» genannt – und ein Ereignis ist der Dienstagabend im Thurgauerhof. «Die hend am Schluss no Vollgas ggee», meint ein Besucher nach drei Stunden, als Polt und die Wellbrüder ein Adventslied in der afrikanischen Urfassung singen und spielen und tanzend abgehen.

Chronist des einfachen Lebens

Nicht das Gerhard Polt mit 70 nun ruhiger geworden wäre. Er poltert und grantelt wie eh und je, reckt die Hand den Zuhörern entgegen, steckt sie zurück in den Hosensack, hockt scheinbar desinteressiert da, wenn die formidablen Musiker spielen. In Weinfelden ist Polt weniger politischer Kabarettist denn Menschendarsteller, lässt Figuren reden, die wir so gut kennen. Denn die Leute bleiben gleich.

Lakonisch hebt er mit einer Geschichte an, setzt sparsame Pointen, bis er bei der grauenvollen Wahrheit angelangt ist. «Ich weiss gar nicht, weshalb die Frau neben mir dauernd lacht», sagt eine Besucherin in der Pause, «mir bleibt das Lachen im Halse stecken.»

Von der rechten Schweiz

Um die politischen, oft schweizerischen Seitenhiebe kümmern sich die Wellbrüder aus’m Biermoos, Nachfolger der Biermösl Blosn. Sie schleppen zwar Alphörner auf die Bühne oder parodieren ein Mozart-Divertimento. Aber Roger Köppel, die UBS und Brunner samt Übervater Blocher sind Stammgäste in ihren Texten; die SVP wird im Zwölffingerdarm versorgt. Immerhin: Im Schuhplattler-Rap «40 Cent» reden sie einem gerechten Milchpreis das (leider oft abgelesene) Wort.