Thurgauer Zeitung, 10. November 2015, 02:35 Uhr
Zum 20-Jahr-Jubiläum macht das Artemis-Trio sich und seinen Anhängern ein Geschenk: Mit dem Saxophonisten Daniel Schnyder gehen sie auf Tournée. Am Sonntag waren sie in Weinfelden.
WEINFELDEN. Die ganze Veranstaltung hat etwas sehr Familiäres. Zum einen, weil die drei Damen vom Artemis-Trio in Weinfelden bestens bekannt und beliebt sind: Die Geigerin Katja Hess ist Vizepräsidentin der veranstaltenden Theater- und Konzertgesellschaft Mittelthurgau. Zum andern, weil sie nicht nur hervorragend das Klavier (Myriam Ruesch), die Violine und das Cello (Bettina Macher) spielen. Sondern auch weil sie mit ihren Kommentaren zu den Stücken jenem Konzert einen ganz eigenen Charakter verleihen, mit dem sie zum 20-Jahr-Jubiläum auf Tournée gehen.
«Bekannt für Seitensprünge»
Und schliesslich, weil der in New York beheimatete Daniel Schnyder mit seinem Saxophon so über alle Massen gut zu ihrem Programm passt. Einem Programm, in dem alle Stilschubladen offen stehen, sich Klassik und Moderne zwanglos und hoch inspiriert die Hand geben. «Wir sind ja bekannt für unsere musikalischen Seitensprünge», sagt Katja Hess denn auch, nachdem die vier schwungvoll und mit deutlichen Anleihen beim Jazz Bizets Carmen-Suite haben erklingen lassen. Claude Debussys «Trio en Sol» setzt einen ruhigen Kontrapunkt, bevor mit Manuel de Fallas Danza Ritual del Fuego aus «El Amor Brujo» wieder südliche Hitze und mitreissender Rhythmus den schönen Rathaussaal erfüllen.
Von Bach zu Piazzolla
Schon geht es wieder weit zurück in der Zeit, zu Johann Sebastian Bach, den die Cellistin Bettina Macher sich selber zum Geschenk gemacht hat. Sie hat nämlich zwei Sätze des Konzerts für zwei Violinen und Orchester d-Moll BWV 1043 für Violine, Cello und Klavier umgeschrieben – und Daniel Schnyder zeigt mit seinen Einwürfen, wie gut der tänzerische Bach und der moderne Jazz doch zusammen- passen.
Der Argentinier Astor Piazzolla habe Bach geliebt, schlägt Bettina Macher eine weitere Brücke. Piazzollas «Tango Nuevos» seien schwer zu tanzen, aber wundervolle Musik. «Und wenn es kratzt und pfeift, dann muss es so sein.» In der Tat: Es kratzt und pfeift, es singt und tanzt, und mit sichtlicher Freude legt sich das Trio ins Zeug.
«Händel war nie in Harlem»
Zwei dieser Tangos rahmen den amerikanisch aufgefrischten Marsch und die Gavotte aus der Sonate D-Dur von Georg Friedrich Händel ein. «Händel war nie in Harlem», sagt Daniel Schnyder, «musikalisch aber passt er wunderbar dorthin – hören Sie selbst.» Vorausgeschickt hat er ein leise schwebendes Stück, für das er die Flöte zur Hand nimmt. Ein Zwischenspiel aus der Oper, die Daniel Schnyder über das Leben des Komponisten und Saxophonisten Charlie Parker geschrieben hat.
«Und jetzt haben wir Durst»
Bevor mit dem für Trio und Saxophon arrangierten Libertango noch einmal Astor Piazzolla erklingt, erfüllt das Artemis-Trio mit der manchmal sehnsüchtig- innigen, manchmal auch ziemlich rockigen «Bohemian Rhapsody» von Freddy Mercury einen vom Publikum immer wieder geäusserten Wunsch. Das Konzert klingt mit einer enorm stimmungsvollen Zugabe aus, einer Händel-Aria. «Und jetzt haben wir Durst», sagt Katja Hess, «wir möchten mit Ihnen anstossen.» Da ist es wieder, das Familiäre.